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Die Gnade unseres Herren Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Liebe Gemeinde,
Am 16. Sonntag n. Tr. steht ein ziemlich langer Text auf dem Predigtplan. Es ist aber auch ein toller Text. Es geht immerhin um unser Leben.
Also möchte ich ganz am Anfang beginnen. Unsere Geschichte steht im Johannesevangeium, und das Johannesevangelium fängt mit dem Anfang an: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben“
Johannes erzählt von Johannes dem Täufer, von der Hochzeit zu Kana und vielen Gesprächen mit Jesus, und im Kapitel vor unserem heutigen Predigttext geht es um den guten Hirten, der sein Leben lässt. Da sagt Jesus „Ich bin der gute Hirte“. Noch öfter sagt Jesus von sich „Ich bin“: Ich bin der gute Hirte, ich bin der Weinstock, ich bin das Wort des Lebens. Dieses „ICH BIN“ war anstößig, denn es war Gott vorbehalten. So beginnen die zehn Gebote, die jedem Juden und jeder Jüdin heilig und vetraut sind: „ICH BIN – der Herr dein Gott“, wobei unsere Übersetzung „der Herr“ wahrscheinlich nichts anderes bedeutet als „der oder die, die da ist“. Das, was Jesus auf Hebräisch sagte, bedeutete im eigentlichen Sinn: Der ICH BIN ist ein guter Hirte, und der ich bin, das bin ich. ICH BIN es, das kam den Leuten also wie eine Gotteslästerung vor, und das bekam Jesus auch zu hören. Jesus antwortet, wie es fromme Leute tun, mit einem Bibelzitat, in dem die Menschen Götter genannt werden. Damit hat er die Leute völlig verwirrt. Er hob den Unterschied zwischen Gott und Menschen auf, zwischen oben und unten, zwischen Anfang und Ende, Schöpfer und Geschöpf . Von da an, so erzählt es Johannes, lebte Jesus in großer Gefahr. Und die, die ihm folgten, auch. Aber vielen glaubten an ihn. In diesen Zusammenhang hinein erzählt Johannes von Maria, Marta, Thomas und Jesus folgendes:
(J11, 1-44)
Lassen Sie uns darauf hören, was von Maria, Marta, Jesus und Thomas hier erzählt wird: Maria, die in allen Evangelien als die Sünderin erwähnt wird, die Jesus mit ihrem Haaren die Füße abtrocknet. Martas Schwester, die an Jesus hängt und statt das Haus zu putzen lieber Jesus lauscht. In beiden Geschichten glaubt sie fest und ist deshalb in den meisten Predigten ein Vorbild einer Glaubenden. Hier aber zweifelt sie und macht Jesus wütend. „Herr, er stinkt schon“.
Marta, die in der Geschichte von Maria und Marta schlechter wegkommt, ist hier diejenige, die Jesus entgegengeht und felsenfest glaubt, ja sogar noch unvorstellbares für möglich hält.
Thomas, der in der Auslegungsgeschichte als der „ungläubige Thomas“ seinen Stempel hat, weil er nach der Auferstehung Jesus erst wirklich anfassen will, bevor er's glaubt, zeigt hier den Glauben, den andere noch nicht haben, und ruft die anderen dazu auf, mitzukommen.
Was lernen wir daraus? „Du sollst Dir kein Bildnis machen“ lautet das zweite Gebot. Bei Juden, Muslimen und reformierten Christen führte das dazu, dass es in den Kirchen, Synagogen und Moscheen keine Bilder gibt. Finde ich eigentlich gut. Dass römisch-katholische und orthodoxe Christen in ihren Kirchen viele Bilder haben ist aber nicht weiter schlimm, so lange sie nicht anfangen, das eine oder andere Bild für die eine und einzige Seite zu halten, die Gott und Menschen haben.
Jeder Mensch hat verschiedene Seiten. Solche, die er gerne zeigt und solche, die er versteckt. Die Bibel und Jesus sehen den ganzen Menschen. Und nicht nur Maria, Marta und Thomas zeigen hier eher unbekannte Seiten – auch Jesus zeigt Seiten, die nicht zu einem „ICH BIN“ passen mögen, die nicht zum Bild passen, das die meisten Menschen von Gott haben. Jesus ärgert sich. Zweimal steht in dieser Geschichte „Er ergrimmte“. Ein Gott, der Nerven zeigt. Ja, noch mehr: Jesus gingen die Augen über, als er in das Grab trat. Gott weint. Ich bin mir sicher, dass Gott auch mit Ihnen weint, die Sie einen lieben Menschen, wenn auch nach langer Krankheit, aber nun ganz veloren haben. Gott weint mit den Verlassenen. Gott kümmert es, wenn uns nicht gut geht. Gott macht sich Sorgen um uns. Aber auch: Jesus kam nicht gleich. Für Maria und Marta sah es vielleicht so aus, als ließe er sie im Stich. Jesus erfüllt nicht ihre Erwartung, dass er gleich kommt. Er ist zwar laut Bekenntnis unser Diener, aber darin ist er frei. Er folgt keinem Befehl. Es ist nicht die Rücksicht auf das Gerede der Leute oder die Meinung seiner Freunde, die Jesus dazu bringt etwas zu tun. Er ist nicht der Sklave sener Angst. Angst hatte er wohl, das verschweigen die Evangelien nicht. Aber er liebte.
Und so kam es, dass er eine andere Erwartung auch nicht erfüllte, nämlich, dass mit dem Tod alles zu Ende sei. Die Lästermäuler brachte er zum Schweigen: „Er hat den Blinden die Augen aufgetan, konnte er nicht auch machen, dass dieser nicht sterben müsste?“ Nun war er schon seit vier Tagen tot. Am ersten und zweiten Tag, vielleicht auch noch am dritten, mag man es nicht wahrhaben. Der Tote ist für die Leute nicht tot. Manche stellen sich vor, die Seele könne noch in den Leib zurück. Erst danach fällt man in das tiefe Loch. Wenn sich das Grab schließt, begreift man die Endgültigkeit. Bei vielen Leuten kommen erst auf dem Friedhof die Tränen. Das alles haben die Schwestern und ihre Freunde hinter sich. Marta sagt es Jesus deutlch: Herr, er stinkt schon. Und was Jesus antwortet, klingt fast wie eine Drohung: „Habe ich dir nicht gesagt, Wenn Du glaubst, wirst Du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ Die Leute machen das Grab auf. Jesus betet zum Vater. Und dann ruft Jesus Lazarus, den Toten: „Komm' heraus!“ Auch hier kann man sich kein eindeutiges und einfaches Bild machen: Einserseits verlässt sich Jesus auf seinen Vater. Andererseits macht er selber etwas Entscheidendes. Einerseits kommt Lazarus auf seinen eigenen Beinen selbst heraus, verbunden an Händen, Füßen und mit einem Tuch vorm Gesicht. Andererseits befiehlt Jesus allen, die herumstehen und staunen: „Macht den Verband ab und lasst ihn gehen.“
Auferstehung hat viele Seiten: Wenn ein Mensch, der sterben wollte, wieder neu anfangen kann. Wenn einem nach einem Unfall oder schwerer Operation das Leben wie eine zweite Geburt vorkommt. Wenn man trotz niederschmetternder Aussichten die Initiative ergreift. Und natürlich, Marta spricht es aus, die Auferstehung der Toten am jüngsten Tag, die Jesus uns vorgemacht hat.
Das, was in der Lutherbibel von diesem Kapitel dick gedruckt ist, zeigt uns, worauf es eigentlich ankommt: Verse 25-27
Ich fasse zusammen: Wenn Jesus sagt: ICH BIN, dann redet Gott. Gott und die Menschen haben verschiedene Seiten, deshalb soll man sich kein festes Bild von ihnen machen. Und wirklich leben kann man nur, wenn man vertraut.
„Ich bin die Auferstehung und das Leben“, das ist – genauso wie das ICH BIN vom Weinstock und vom guten Hirten – die Aufhebung eines Unterschiedes, den wir üblicherweise für endgültig halten.
Jesus mutet Marta zu, den Tod zu überwinden. Man kann sterben, aber man kann auch leben, wenn man glaubt. Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen, lautete der Wochenspruch, und Johannes erzählt davon, wie Jesu Jünger lernten zu verstehen, was das heißt. ICH LEBE und ihr sollt auch leben, sagt Jesus in seinen Abschiedsreden. Und das neue Gebot, das er uns gibt ist, zu lieben.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.
Amen.
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